Ein Tag auf der Alp Tarvisch
Meine heutige Geschichte führt mich auf die wunderbar gelegene Alp Tarvisch oberhalb von Savognin auf 1943 m ü. M. Die Aussicht hier oben ist gewaltig, man sieht über das ganze Surses von Tiefencastel zum Marmorerasee bis hin zum Julier- und Septimerpass.
So geht es los!
Mein Tag auf der Alp
Endlich ist es soweit, ein wunderbarer Sommertag. Mit dem Bike, einem vollgepackten Rucksack und voller Vorfreude ziehe ich Richtung Alp Tarvisch. Kaum habe ich die Waldgrenze passiert, sehe ich schon Martina. «Kannst gleich mitkommen», sagt sie. «Wir dürfen die Kühe holen» Diese weiden seelenruhig zwischen den blühenden Alpenrosen und dem gelben Enzian. «Ejah Kuseler, kim Kuseler», ruft Martina. «Ich liebe diese Momente und geniesse diese kleine Auszeit für mich». Patrick kommt auch und hilft mit, die «Mädels», zum Melkstand zu bringen. Und dann geht’s los: die ersten acht Kuhdamen nehmen ihren Platz ein.
Die Damen nehmen ihre Plätze ein
Unser zweites Zuhause
Zweimal pro Tag wird gemolken, frühmorgens und abends. Das Melken der 90 Kühe dauert ca. zwei Stunden, danach wird geputzt. «Gabriel ist unser Wassermeister», sagt Philip. Aus dem scheuen Gabriel wird plötzlich ein kleiner Spitzbube, eifrig und mit lachendem Gesicht spritzt er den Pflastersteinplatz ab, sodass auch ich nass werde. Anschliessend gibt’s Nachtessen. Martina hat ein feines «Muas» zubereitet, eine südtirolerische Spezialität – einfach köstlich!
Früh auf, spät zu Bett
Martina und Philipp lernten sich 2014 kennen, sie wurden ein Paar und machten sich sogleich auf die Suche nach einer Alp, die sie gemeinsam bewirtschaften können. Mit der Alp Tarvisch haben sie ihre Traumalp gefunden. «Im Frühling zähle ich die Tage, bis es endlich losgeht», sagt Philip. «Ich mag alles am Alpleben, auch das frühe Aufstehen und späte Zubettgehen. Ich bin es mir gewohnt, denn bis im letzten Herbst hatten wir Zuhause im Südtirol einen eigenen Hof.» Und wie ist das Alpleben mit Kindern? «Ganz anders, aber für uns war immer klar, dass wir weitermachen. Wir brauchen nun einfach Hilfe», erklärt Martina und nickt anerkennend und lächelnd Richtung Patrick. «Patrick war uns schon auf dem eigenen Hof immer eine grosse Hilfe».
Nach dem Melken gibt’s ein reichhaltiges Frühstück, natürlich mit frischer Milch. Und dann müssen wir uns um die Kälber kümmern. Sind alle wohlauf? Bis unterhalb des Piz Arlos haben sich die jungen und temperamentvollen Wundernasen verstreut. Wir laufen und beobachten, zählen und zählen nochmals, bis wir alle zusammen auf 120 kommen. Alle Kälber sind wohlauf und ziemlich neugierig, was auch meine Kamera und ich zu spüren bekommen.
Idyllisch, aber harte Arbeit
Was auf den ersten Blick idyllisch aussieht, ist vor allem harte Arbeit. Der Tag folgt dem Rhythmus der Tiere und der Natur. Am frühen Nachmittag verabschiede ich mich von der sympathischen Hirtenfamilie: Ich wünsche euch noch eine wunderbare Alpzeit.
Schien wors bei enk auf dr Alm – angraztg fitg ed alla proxima.
Seraina
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Die Milchpipeline der Alp Tarvisch
Wussten Sie, dass die Milch von der Alp Tarvisch durch eine Pipeline direkt in die Käserei, die Caschareia Savognin, fliesst? Die Milchpipeline ist 2,8 Kilometer lang und überwindet einen Höhenunterschied von 766 Metern. Sie wurde im Jahr 1962 erstellt und ist damit die älteste Milchpipeline der Schweiz. Auf der Alp Tarvisch leeren Martina und Philip die frisch gemolkene Milch in eine grosse Wanne, dort wird sie gemessen und kann anschliessend ins Tal abfliessen. Damit die Milch auf dem langen Weg nicht zu Butter wird, hat die Leitung einen Durchmesser von lediglich 17 mm. Übrigens: Auch die Milch von der Alp Naladas fliesst durch eine Pipeline, die 4,1 km lang ist. Der Käse wird in der Käserei zum Savogniner Heumilchkäse verarbeitet.